Wie klingt ein Cochlea-Implantat und wie hört man damit?

Vor einer Cochlea-Implantation stellen sich viele Betroffene die Frage – wie ist es, mit einem Cochlea-Implantat zu hören? Die Antwort variiert je nach Zeitpunkt der Ertaubung bzw. der Implantation und der Rehabilitationsphase.

Diverse Simulationen, die online leicht zu finden sind, sollen einen Eindruck davon geben, wie man sich das Hören mit Cochlea-Implantat vorstellen kann. Jedoch sind diese Simulationen oft nicht sehr wahrheitsgetreu und vermitteln ein verzerrtes Bild der Realität. Zumal der Höreindruck sehr individuell und von verschiedenen Faktoren abhängig ist, sind solche Simulationen keine verlässliche Quelle. [1]

Deshalb wurden umfassende Studien durchgeführt, in denen CI-Nutzer:innen befragt wurden, die nur auf einer Seite implantiert bzw. von Hörverlust betroffen sind. Sie können das Hören mit CI demnach mit dem natürlichen Gehör der anderen Seite vergleichen. So können Forscher:innen möglichst genau an der Weiterentwicklung der Klangqualität arbeiten. [2]

Möglichst natürliches Hören dank modernster CI-Technik

Beim natürlichen Hören wandern Schallwellen als Vibrationen durch das Außenohr ins Mittelohr und schließlich in die mit Flüssigkeit gefüllte Cochlea im Innenohr. Dort werden die Schallvibrationen von feinen Haarzellen in elektrische Signale umgewandelt, die über den Hörnerv an das Gehirn weitergeleitet werden. Jede Haarzelle reagiert auf eine Tonfrequenz oder Tonhöhe – ähnlich einem Lichtschalter, der bei entsprechender Aktivierung ein Signal sendet.

Bei einer hochgradigen Hörminderung sind viele dieser Haarzellen jedoch beschädigt oder zerstört, während die darunterliegenden Nervenbahnen oft noch intakt sind. Hier setzt das Cochlea-Implantat an: Es ersetzt die Funktion der defekten Haarzellen, indem es elektrische Impulse direkt an den Hörnerv sendet. Diese Impulse werden vom Gehirn genauso verarbeitet wie natürliche Hörsignale. Das Gehirn „hört“ also dank der Signale des Cochlea-Implantats, die die defekten Teile des Ohrs umgehen.

Viele Menschen glauben, dass der außen getragene Audioprozessor den größten Einfluss auf die Klangqualität hat, da er die Umgebungsgeräusche aufnimmt. Entscheidend für ein möglichst natürliches Hörerlebnis ist jedoch das eigentliche Implantat mit seiner feinen Elektrode, die in die Cochlea eingesetzt wird. Je präziser sie mit den Nervenstrukturen zusammenarbeitet, desto besser kann das Gehirn die Klänge verarbeiten.

Hören mit Cochlea-Implantat neu erlernen

Ein Cochlea-Implantat ermöglicht es Menschen mit hochgradigem Hörverlust, Klänge wieder wahrzunehmen – doch das bedeutet nicht, dass sie sofort normal hören. Ähnlich wie beim Erlernen eines Musikinstruments braucht das Gehirn Zeit, um die neuen Höreindrücke zu verarbeiten und richtig zu interpretieren.

Die ersten Klangerfahrungen nach der Aktivierung des Implantats sind demnach individuell und sehr unterschiedlich. Während einige Nutzer:innen direkt Gesprochenes erkennen, hören andere

zunächst nur unbekannte Geräusche. Entscheidend für den langfristigen Erfolg ist jedoch das regelmäßige Hörtraining: Mit Übung und Geduld verbessert sich die Klangwahrnehmung nach und nach, bis sich ein möglichst natürliches Hörerlebnis einstellt. Der Aufwand lohnt sich – denn mit der Zeit wird das Hören mit dem Cochlea-Implantat immer vertrauter und alltäglicher.

Quellen:

[1] Dorman, Michael F.; Natale, Sarah Cook; Butts, Austin M.; Zeitler, Daniel M.; Carlson, Matthew L.. The Sound Quality of Cochlear Implants: Studies With Single-sided Deaf Patients. Otology & Neurotology 38(8):p e268-e273, September 2017. doi: 10.1097/MAO.0000000000001449

[2] Dorman MF, Natale SC, Baxter L, et al. Approximations to the Voice of a Cochlear Implant: Explorations With Single-Sided Deaf Listeners. Trends in Hearing. 2020;24. doi:10.1177/2331216520920079

Sie lesen gerade:

Natürlich hören mit Cochlea-Implantat