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Medizinische Versorgung bei Hörbeeinträchtigung
Vom ersten Verdacht, über die Diagnose, erste Schritte zu medizinischen Einrichtungen bis hin zum eventuell notwendigen und sinnvollen operativen Eingriff – Hier finden Sie wertvolle medizinische Informationen, die eine schnelle und sichere Diagnose gewährleisten bzw. Ihr Kind medizinisch optimal begleiten:
Inhaltsverzeichnis
Hören & Hörverlust
Informationen, wie Hören funktioniert und Hörverlust zustande kommt, finden Sie detailliert auf der Website von MED-EL. Unter anderem finden Sie eine grafische Darstellung, die die einzelnen Schritte des Hörens veranschaulicht. Außerdem werden die unterschiedlichen Arten von Hörverlust erklärt.
Entscheidung für ein Hörimplantat
Ersterfassung in den ersten Lebenstagen
Wo Ihr Baby geboren wird – ob in einer Geburtsklinik oder zu Hause, bleibt jedem Elternpaar selbst überlassen. Unmittelbar nach der Geburt sollten jedoch in jedem Fall die Gegebenheiten für wichtige Untersuchungen und Überprüfungen gewährleistet sein. Eine dieser Untersuchungen stellt das im Mutter-Kind-Pass integrierte Neugeborenen-Hörscreening (NGHS) dar. Diese unkomplizierte und für das Baby sanfte Methode, das Gehör des Neugeborenen zu testen, bietet rasche Erstinformation zu eventuellen Auffälligkeiten. Um eine mögliche einseitige Ertaubung rechtzeitig erfassen zu können, sollte diese Untersuchung übrigens seit 2018 selbstverständlich auf beiden Ohren durchgeführt werden.
Weitere Schritte zu den ExpertInnen
Nach Entlassung aus der Geburtsklinik sind die KinderärztInnen die ersten Ansprechpartner für Eltern. Dort wird Ihr Baby regelmäßig durchgecheckt, geimpft und über Jahre begleitet. Falls das Neugeborenen-Hörscreening in der Geburtsklinik auffällig war und Sie nicht automatisch in eine HNO-Klinik überwiesen worden sind, sind KinderärztInnen ebenfalls ein wichtiger Kontakt, mit denen Sie das Thema besprechen sollten.
Denn wie früh eine kindliche Hörstörung entdeckt wird, ist entscheidend für die Entwicklung der Hörbahn und damit für die frühkindliche Sprachentwicklung.
Unter Umständen wird der/die Kinderarzt/-ärztin Sie spätestens dann zum(r) HNO-SpezialistIn überweisen, der/die weitere wichtige Untersuchungen zur endgültigen Diagnose anordnen wird.
Da das Neugeborenen-Hörscreening nur einen ersten Hinweis auf eine eventuelle Hörstörung zeigt, bedarf es nämlich weiterer wichtiger Untersuchungen, wie beispielsweise einer Hirnstammaudiometrie, die sogenannte BERA, die sehr genaue Informationen zum Hörstatus Ihres Kindes abliefert.
Hörimplantat-Systeme
Sollte sich herausstellen, dass der Grad oder die Art der Hörstörung Ihres Kindes die Versorgung mit einem klassischen Hörgerät nicht zulässt, sollten Sie über die Möglichkeit eines implantierbaren Hörsystems für Ihr Kind nachdenken. Die mittlerweile jahrzehntelange Erfahrung der Implantat-Entwickler sowie von deren zufriedenen NutzerInnen erleichtern vielleicht die Entscheidung für diesen wichtigen Schritt.
So unterschiedlich wie die Arten von Hörverlust sind auch die zur Behandlung dienenden Hörlösungen. Einen guten Einblick zu den modernsten Hörlösungen finden Sie hier:
Information zur Zuverlässigkeit von MED-EL Implantat-Systemen finden Sie hier:
https://www.medel.com/de-at/hearing-solutions/cochlear-implants/reliability
Beidseitige Hörversorgung
Bei der Entscheidung für ein sogenanntes Cochlea Implantat-System werden Sie vermutlich die nächste Frage stellen: „Soll mein Kind auf beiden Ohren mit einem Hörimplantat-System versorgt werden?“
Fachleute erklären uns schlüssig, warum uns die Natur zwei Ohren gibt, dass dies kein Zufall ist und was uns mit nur einem Ohr entgeht.
Beidseitige (bilaterale) CI-Implantation bzw. die Implantation des tauben Ohres bei einseitig tauben Babys ermöglicht die Lokalisation, ein gleich gutes Hören und Verstehen aus allen Richtungen und damit einen balancierten und dreidimensionalen Höreindruck sowie in der Folge ein verbessertes Sprachverstehen in lauter Umgebung. Da alles von zwei Seiten gehört wird, kann Ihr Kind den Schall auch lauter wahrnehmen. Diese Effekte bewirken ein „leichteres“ Hören und Ihr Kind wird im Alltag nicht so schnell müde werden. Außerdem wird auch das Zentrale Gehör (Hirn) beider Seiten stimuliert, last but not least bietet das Implantat auf der zweiten Seite ein Backup-System, falls einmal Batterien leer werden oder ein Kabel des Audioprozessors kaputt geht.
Alles in allem kann man also sagen, die bilaterale Implantation bietet – und in Analogie dazu die Implantation der tauben Seite – die Möglichkeit für eine optimale Hör- und Sprachentwicklung sowie höhere Sicherheit in Alltagssituationen.
Die Website Switch-On-Life zeigt in Hörsimulationen anschaulich, welchen Unterschied Sie in speziellen Alltagssituationen mit einem oder zwei Ohren wahrnehmen. So soll für Sie als Eltern, im Falle einer einseitgen Ertaubung Ihres Kindes, einerseits seine Hörsituation besser verständlich gemacht werden, zusätzlich gewinnen Sie interessante Einblicke in die Wissenschaft und Technologie hinter Hörimplantaten.
Kontakt zu ExpertInnen
Die Serviceeinrichtung ZENTRUM HÖREN bietet in Österreich umfassende Beratung für Menschen mit Hörverlust, berät zu den verschiedenen Arten von Hörimplantaten und betreut NutzerInnen nach der Operation nachhaltig.
Hier finden Sie Kontakt direkt zu den ExpertInnen, um weitere Schritte oder einen Termin für ein professionelles Beratungsgespräch zu vereinbaren!
Rund um die Operation
Notwendige Voruntersuchungen
Nach einem Beratungsgespräch und diversen audiologischen Untersuchungen in Ihrer Implantationsklinik, sofern sie allesamt zu der Entscheidung für ein Cochlea Implantat führen, folgen eine Röntgenaufnahme und/oder Computertomographie sowie die spezielle Prüfung der Funktion des Hörnervs, die für eine erfolgreiche Implantation Grundvoraussetzung ist.
Wenn Ihr Kind gerade im Säuglingsalter ist, wird die Operation aufgrund der allgemeinen Konstitution sowie anatomischen Gegebenheiten idealerweise rund um seinen 1. Geburtstag geplant sein.
Maßnahmen vor der Operation
- Cochlea-Implantationen werden österreichweit in zahlreichen HNO-Kliniken durchgeführt. Sie sind in sämtlichen dieser Einrichtungen chirurgisch sowie therapeutisch optimal betreut, so können Sie beruhigt die Klinik Ihres Vertrauens und in Ihrer Nähe wählen.
- Eine Erkältung könnte zu einer Verschiebung des OP-Termins führen. Da diese Termine großteils lange vorher festgelegt werden, sollten Sie darauf achten, dass Ihr Kind ein bis zwei Wochen etwas geschont wird und erkältungsbegünstigende Situationen so gut wie möglich vermieden werden.
- Bitte überprüfen Sie gemeinsam mit dem/der Kinderarzt/-ärztin die Liste der Medikamente, die Ihr Kind eventuell regelmäßig einnimmt. Manche Präparate sind aufgrund ihrer Inhaltsstoffe im Zusammenhang mit einer Operation problematisch und müssen rechtzeitig davor abgesetzt oder angepasst werden.
- Eine umfassende internistische Untersuchung ist vor jeder Operation Standard und gewährleistet einen komplikationslosen Operations- bzw. Genesungsverlauf.
- Falls Ihr Kind bereits auf der anderen Seite mit einem CI oder Hörgerät versorgt ist, ist es hilfreich, das Gerät dem zuständigen Pflegepersonal kurz vor der Operation auszuhändigen, damit es bereits im Aufwachraum unmittelbar nach der Operation wieder hören kann. Üblicherweise ist das Personal in CI-Kliniken ohnehin perfekt aufeinander abgestimmt und geschult.
Begleitperson im Krankenhaus
Für die meisten Eltern steht fest, dass sie ihr Kind im Krankenhaus auf gar keinen Fall allein lassen wollen. Aus diesem Grund übernachtet oft ein Eltern- oder Großelternteil ebenfalls im Krankenhaus. Üblicherweise ist das in Österreichs Spitälern zum Glück kein Problem. Die meisten öffentlichen Krankenhäuser gestatten die Übernachtung von Begleitpersonen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr des zu betreuenden Kindes.
Doch während die Begleitung von Säuglingen noch kostenlos ist, fallen nach dem Säuglingsalter (bis zum vollendeten 3. Lebensjahr) Kosten für Übernachtung und Verpflegung der Begleitperson an. Die Kosten sind dabei in den verschiedenen Spitälern und von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Die Tagessätze sind meist nach dem Alter des Kindes gestaffelt. Informieren Sie sich vorab bei Ihrem Krankenhaus des Vertrauens über etwaige Kosten bzw. denken Sie über einen Abschluss einer sogenannten Begleitkostenversicherung nach.
Die Operation
Selbstverständlich werden Sie als Eltern aufgeregt und besorgt sein. Die jahrzehntelange Erfahrung der KlinikerInnen sowie TechnikerInnen kann Ihnen jedoch diese Angst nehmen. Der Eingriff wird im Gegensatz zu einer Tonsillektomie (Entfernung der Mandeln) in einem vergleichbar harmlosen Schädelareal vorgenommen und zählt mittlerweile zu den Routineeingriffen in der HNO-Chirurgie.
Die Operation erfolgt heute in der Regel minimal-invasiv (kleiner Schnitt direkt hinter dem Ohr), dauert zwischen ein und zwei Stunden und erfordert einen stationären Klinikaufenthalt von nur wenigen Tagen, auch bei heute üblicher gleichzeitiger Versorgung beider Ohren.
Bei der Implantation wird eine Empfangsspule im Schädelknochen hinter dem Ohr befestigt und ein Elektrodenträger durch eine kleine Öffnung, das sogenannte Runde Fenster, in die Cochlea eingeführt.
Ein intraoperativer Test des/der anwesenden Technikers/Technikerin stellt sicher, ob Ihr Kind positiv auf die ersten Stimulationen des Implantats reagiert.
Nach der Operation
Das medizinische Personal im Aufwachraum kümmert sich um Ihr Kind unmittelbar nach der Operation. Sicherheitshalber sollten Sie ihm Bescheid geben, dass Ihr Kind in diesem Moment nicht hören kann, das erleichtert den Umgang zwischen Personal und dem kleinen Patienten.
Durch die mittlerweile sehr kleine Schnittführung wird der Wundschmerz nach der Operation nicht lange andauern oder allzu groß sein. Auch erholen sich die Kleinen heute wesentlich schneller, da die Dauer der Narkose über die jahrelange Weiterentwicklung der OP-Technik entscheidend verkürzt werden konnte. Eltern können meist, auch während der Nacht, bei ihren Kindern verbleiben und ihnen zur Seite stehen.
In seltenen Fällen kann es zu Schwindelgefühl kommen, meist aber eher ein Thema bei älteren PatientInnen. Das ist an sich harmlos aber deshalb möglich, da der Eingriff in der Nähe des Gleichgewichtsorgans vorgenommen wird.
Im Zuge der Entlassung aus der Klinik wird Ihnen das ärztliche sowie Pflegepersonal einige Tipps mit nach Hause geben, die in jedem Fall zu beachten sind. Dazu gehören:
- Die regelmäßige Einnahme eventuell notwendiger Medikamente (Antibiotikum, Schmerzmittel etc.)
- Kein Waschen der Haare bis zur Nahtentfernung (Naht muss trocken bleiben)
- Allgemeine Schonung in den ersten Wochen bis zur Erstanpassung
Pflegefreistellung
Da Ihr Kind rund um die Operation sowie auch danach noch intensivere Betreuung braucht als im Alltag, haben Sie üblicherweise Anspruch auf eine Pflegefreistellung. Grundsätzlich können Sie eine Woche Pflegefreistellung pro Arbeitsjahr in Anspruch nehmen – und zwar im Ausmaß Ihrer wöchentlichen Arbeitszeit. Die Pflegefreistellung können Sie wochen-, tage- oder stundenweise nehmen. Darüber hinaus gibt es eine zweite Pflegefreistellungswoche innerhalb eines Arbeitsjahres (wiederum im Ausmaß der wöchentlichen Arbeitszeit), wenn Ihr Kind noch nicht 12 Jahre alt ist.
Nach Ausschöpfung aller Entgeltfortzahlungsansprüche aus dem Titel der Pflegefreistellung können Sie zur Pflege Ihres erkrankten Kindes unter 12 Jahren Urlaub auch ohne vorherige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber nehmen, wobei dies auf den Jahresurlaub angerechnet wird. Besteht kein ausreichendes Urlaubsguthaben, können Sie zwar dennoch Urlaub nehmen, diesfalls aber unbezahlt.
Erste Höreindrücke mit dem Implantat-System
Frühestens nach der Nahtentfernung (etwa zehn Tage nach der Operation), spätestens aber ab der vierten postoperativen Woche, findet die sogenannte Erstanpassung statt. Dabei erhält der bzw. die kleine PatientIn den äußeren Teil des Implantats, den sogenannten „Audioprozessor“, der hinter der Ohrmuschel oder als Buttonprozessor (etwas oberhalb) getragen wird. Erst durch ihn kann das System aktiviert werden. Bis zu diesem Tag ist das Ohr also nach der Operation noch taub. Der Audioprozessor wird eingeschaltet und angepasst. Ab sofort können Audiosignale an das Implantat übertragen und wahrgenommen werden. Ein großer und unvergesslicher Moment für Eltern und Kind!
Durch das Hörimplantat wird eine Welt eröffnet, die sonst verschlossen wäre.
Dominique S., Mutter von CI-Nutzerin Mariella
Zusätzliche Beeinträchtigungen
Durchschnittlich ein Drittel aller hörgeschädigten Kinder hat ein zusätzliches Handicap. Dies liegt daran, dass neben einer genetischen Anlage die Ursachen für eine Hörschädigung oft auch Grund für eine weitere Behinderung sind. Ursachen sind zum Beispiel Frühgeburt, Sauerstoffmangel während der Geburt, Meningitis, Röteln, Gelbsucht, Impfschäden, Medikamentenwirkungen etc.
Zu den Zusatzbeeinträchtigungen zählen beispielsweise Funktionsstörungen der Gliedmaßen, der inneren Organe, Gleichgewichtsprobleme, zerebrale Störungen, geistige Einschränkungen, Sehbehinderung oder auch nur eine Teilleistungsstörung.
Leider werden einige dieser zusätzlichen Handicaps manchmal nicht gleich erkannt, dafür ist es umso wichtiger, dies unmittelbar nach der Diagnose Hörstörung ebenfalls abklären zu lassen. Dafür sind unter Umständen weitere medizinische Untersuchungen oder die Abklärung durch sogenannte EntwicklungspsychologInnen notwendig. Auch genetische Tests können hilfreich sein, um auf weitere Beeinträchtigungen vorbereitet zu sein oder auch um sie ausschließen zu können.
Achte auf das Recht jedes Menschenlebens, seinen eigenen Weg zu finden und eine Überraschung für sich selbst zu sein.
Hans Jonas, Philosoph
Radiologische Untersuchungen mit Hörimplantat
Sollte nach der Versorgung mit Hörimplantat aus diversen Gründen eine radiologische Untersuchung notwendig sein, ist das für NutzerInnen von MED-EL Systemen kein Grund zur Sorge.
Während Röntgenuntersuchung, Computertomographie (CT), Sonographie (Ultraschall) oder Szintigraphie ohne besondere Vorbereitung und bedenkenlos durchgeführt werden können, ist bei der Magnetresonanztomographie (MRT, MRI) allerdings die verwendete Feldstärke (Tesla) zu beachten. Im klinischen Bereich sind Feldstärken von 1,0 oder 1,5 Tesla üblich, manchmal auch 3,0 Tesla. Nur in der Forschung werden Geräte mit noch höherer Magnetkraft verwendet.
Mit Ausnahme der früher eingesetzten Mittelohrimplantate VORP 502 sind alle MED-EL Hörimplantate MR-kompatibel bis 1,5 Tesla, die aktuellen SYNCHRONY-Implantate mit dem speziellen Magneteinbau sogar bis 3,0 Tesla.
NutzerInnen von MED-EL Implantaten berichteten nur in seltenen Fällen über ein unangenehmes Gefühl im MR, zu gravierenden Komplikationen durch ein MR kam es bei MED-EL NutzerInnen bisher nicht.
Bei einer allfälligen MR-Untersuchung sollten die untersuchenden ÄrztInnen bei der Terminvereinbarung über das Implantat informiert werden, damit bis zum Untersuchungstermin für eventuelle Rückfragen beim Hersteller des Implantats genug Zeit bleibt. Detaillierte und aktuelle Angaben zur Kompatibilität seiner Implantate mit medizinischen Verfahren bietet MED-EL auf http://www.medel.com/isi/.
Kontakte
Kontakt zu ExpertInnen
Die Serviceeinrichtung ZENTRUM HÖREN bietet in Österreich umfassende Beratung für Menschen mit Hörverlust, berät zu den verschiedenen Arten von Hörimplantaten und betreut NutzerInnen nach der Operation nachhaltig.
Hier finden Sie Kontakt direkt zu den ExpertInnen, um weitere Schritte oder einen Termin für ein professionelles Beratungsgespräch zu vereinbaren!
Persönlicher Kontakt zu Betroffenen
Die Möglichkeit, mit anderen Familien und NutzerInnen direkt in Kontakt zu treten, ist gerade am Anfang dieser besonderen Reise mit ihrem Kind unermesslich wichtig für betroffene Eltern. Hier finden Sie persönliche Kontakte, die sich gerne für unsere Website als BeraterInnen und zum Erfahrungsaustausch zur Verfügung gestellt haben – denn Hören verbindet!